Starke Frauen der Witwenkooperative: „Wir kämpfen für unser Land!“

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Starke Frauen der Witwenkooperative: „Wir kämpfen für unser Land!“

Die Sonne steht hoch am Himmel, der Staub wirbelt unter den Füßen der Frauen auf, die sich in der brütenden Hitze im St. Monica Village versammelt haben. Wieder haben sie ihre schönsten Kleider angezogen, denn: Es ist ein Tag, auf den sie lange gewartet haben. Mehrere hundert Witwen stehen oder sitzen im Hof des Witwendorfs. Zwei Wochen zuvor hatten die 821 registrierten Witwen Lose gezogen und freuen sich nun auf ihren Gewinn: Eine Ziege, ein Hühnerpaar, ein Sack Mais oder ein Paket Zucker – jedes Los ist ein Geschenk, das Hoffnung bringt.

Die Tombola, die bereits zum 9. Mal ausgerichtet wurde, erzielte einen Spendenrekord von 21.835 Euro – ein Zeichen der großen Solidarität aus Deutschland. Die Logistik ist eine Herausforderung für Managerin Rhoda Ogada und ihr Team: 574 Tiere wurden in den Tagen zuvor auf verschiedenen Märkten beschafft und ins Witwendorf nach Nyabondo gebracht. Ziegen kommen im Kofferraum von PKWs an, Hühner werden vorsichtig in Einkaufskörben getragen. Rhoda Ogada hat lange Listen und ruft jede Witwe einzeln auf. Voller Freude und Stolz nehmen die Frauen ihre Gewinne, manchetanzen vor Glück.

Besonders begehrt ist der Hauptgewinn: Eine Ziege. Denn sie bedeutet Zukunft, Unabhängigkeit und die Möglichkeit, daraus gezüchtete Ziegen später gegen eine Kuh umzutauschen. Eine Witwe nimmt ihre Ziege an einem Strick, streicht ihr sanft über den Rücken und lächelt.„Diese Ziege ist der Beginn einer ganzen Zucht“, sagt sie mit leuchtenden Augen. Eine andere freut sich doppelt: Ihre Ziege ist trächtig! „Schon bald habe ich nicht nur eine, sondern zwei Ziegen!“In diesem Jahr ist Anne-Kristin Henker, Projektmanagerin von Dentists for Africa mit vor Ort und hilft bei der Ausgabe: „Die Freude der Frauen ist überwältigend und es ist wunderbar zu sehen, wie die von Deutschland aus geleistete Unterstützung bei denen ankommt, die sie wirklich brauchen – um damit ihren Alltag zu bestreiten.“

Januar 2025: Die Versammlungshalle im Witwendorf Nyabondo ist erfüllt von Emotionen, als rund 500 Witwen jeden Alters zusammenkommen, um sich über das Thema „Landrecht“ zu informieren und ihre Rechte einzufordern. Das etwa 3-stündige Seminar zur „Wiedererlangung der Landrechte“, das wiederholt von Dentists for Africa finanziell unterstützt wird, ist nicht nur ein Ort der Information, sondern ein Raum der Ermutigung und Hoffnung.

Gleich fünf engagierte TrainerInnen der lokalen Organisation „Community in Action“ sind vor Ort, um die Witwen zu informieren, sie zu bestärken, ihre Rechte einzufordern und ihnen Wege aufzuzeigen, wie das mit Unterstützung gelingen kann. Bisher haben in den vergangenen Jahren etwa 50 bis 60 Witwen der Kooperative auf diese Weise ihr Land tatsächlich zurückerlangt. Doch der Weg ist hart und steinig.

„Wer hat nach dem Tod des Mannes Probleme seine Rechte am eigenen Land durchzusetzen?“, fragt Trainerin Emely Odhiambo zu Beginn. Sofort schnellen unzählige Hände in die Höhe. Einzeln stehen etwa 15 Frauen in der nächsten halben Stunde nacheinander auf und tragen – oft voller Emotionen – ihre Geschichten vor.

Vertreibung der Witwen und Ungerechtigkeiten sind an der Tagesordnung

„Meine Schwiegermutter will mir das Land wegnehmen und es den Brüdern meines verstorbenen Mannes geben“, erklärte eine der Teilnehmerinnen mit bebender Stimme. „Mein Nachbar hat einfach mein Land bepflanzt und die Grenze verschoben und mich verprügelt, als ich ihn darauf aufmerksam machte“, erzählt eine andere mit wütenden Gesten. Ihre Geschichten sind keine Einzelfälle: Viele Witwen berichteten von Ungerechtigkeiten, die sie nach dem Tod ihres Mannes erleiden mussten. Land, das ihnen als Lebensgrundlage dient, auf dem ihre Häuser stehen, wurde ohne ihre Zustimmung verkauft, Grenzen verschoben, oder sie wurden durch die Schwiegerfamilie schlicht vertrieben.

„Title Deed“ als Mittel

Eine Teilnehmerin erzählt unter Tränen, wie sie ihren Schwager jahrelang versorgte, nur um dann zu erleben, dass dieser ihr gesamtes Land an sich riss. Eine andere Witwe berichtet, dass ihr Mann das Land vor seinem Tod verkauft hatte, um die Schulgebühren für die Kinder zu bezahlen, und sie nach seinem Tod mit nichts zurückblieb. Diese Geschichten sind nur ein Ausschnitt der harten Realität, in der Landbesitz in Kenia oft ausschließlich Männern vorbehalten ist. Offiziell sieht das kenianische Recht zwar vor, dass nach dem Tod des Ehemannes die Ehefrau und die Kinder – wie in Deutschland auch – das Land erben. In der Realität geht es jedoch oft anders zu und die Frauen haben größte Schwierigkeiten, ihre Rechte durchzusetzen. Eine rechtmäßig auf ihren Namen ausgestellte Besitzurkunde des Grundstücks, der sogenannte „Title Deed“, ist dabei das einzige wirkungsvolle Mittel.

Ihr Land ist für die Witwen nicht nur Wohnort, sondern auch Ernährungs- und Existenzgrundlage – bauen sie doch hier Obst und Gemüse zum eigenen Verbrauch und dem Verkauf an.

Unterstützung auf dem Weg zum rechtmäßigen Besitz

Das Seminar bietet den Witwen nicht nur wertvolle Informationen über Erbrecht, das Verfassen eines Testaments und die Beschaffung von wichtigen Dokumenten wie dem „Title Deed“, sondern zeigt auch Lösungen auf: Kontakte zu Anwälten, Hilfestellungen bei rechtlichen Prozessen und Unterstützung durch die Diözese und engagierte Offizielle.

„Dieses Seminar hat mein Leben verändert. Zum ersten Mal fühle ich mich stark genug, für meine Rechte zu kämpfen“, berichtet eine Teilnehmerin am Ende der Veranstaltung. Viele Frauen gehen mit neuer Entschlossenheit und konkreten Schritten nach Hause. Ein nächstes Seminar ist bereits in Planung, um die Witwen auf ihrem Weg zu begleiten.

Die Reise ist noch lang: Nur 1 % der Landtitel in Kenia gehören ausschließlich Frauen. Doch jeder Schritt zählt, um die soziale und wirtschaftliche Stellung der Witwen zu verbessern.

Unterstützen Sie uns dabei, noch mehr Frauen in Kenia eine Stimme und ein Stück Sicherheit zu geben. Werden Sie Teil der Veränderung – spenden Sie für die Witwenkooperative von Dentists for Africa! Gemeinsam schaffen wir Perspektiven.