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Oral Health Day 2024: Prophylaxe bleibt eine der wichtigsten Aufgaben

Zweimal am Tag – so oft putzen die meisten Deutschen laut einer Umfrage Anfang 2024 die Zähne. 10 Prozent der 2.500 Befragten greifen sogar noch ein drittes Mal zur Zahnbürste, 19 Prozent jedoch nur ein einziges Mal oder weniger! In Italien, Frankreich oder der Schweiz hat die Mundhygiene einen anderen Stellenwert – hier putzen mindestens 20 Prozent der Menschen sogar dreimal am Tag ihre Zähne! In Kenia sieht das noch anders aus: Laut Statistiken der Kenya Oral Health Survey 2015 putzen sich nur 43 Prozent der Kenianer einmal am Tag die Zähne, neun Prozent kaum zwei- bis sechsmal pro Woche die Zähne, und vier Prozent gaben an, sich nie die Zähne geputzt zu haben. Etwa ein Viertel der Bevölkerung gab sogar an, dass sie wegen schlechter Zähne nicht lächeln!

Dies können unsere Einsatzärzte bestätigen. Sie sind in den ländlichen Gebieten im Westen Kenias unterwegs – fernab von großen Städten mit Infrastruktur. „Die Menschen suchen einen Zahnarzt nur auf, wenn sie wirklich extreme Zahnschmerzen haben oder sich schon ein Abszess bildet.“, erzählt Dr. Christoph Niesel, der im Januar und Februar 2024 in Nyabondo und Asumbi im Einsatz war. „Die Haushälterin des Gästehauses in Nyabondo, Ruth, sagte mir: „Die Menschen hier sparen lieber das Geld für ihren Sarg als es in ihre Gesundheit zu investieren‘“

Dies hat einen Grund: Viele von ihnen leben von umgerechnet einem Euro pro Tag und können sich kaum die Fahrt zur Zahnstation, geschweige denn die Behandlung leisten. Die wenigsten haben eine Krankenversicherung. „Wir sehen in den Außeneinsätzen nicht selten Menschen mit Gebissen, in denen 80 Prozent der Zähne zerstört sind, und die zum ersten Mal in ihrem Leben auf einen Zahnarzt treffen“, berichtet Dr. Christoph Niesel. Selbst bei Kindern und Jugendlichen bleibt den Zahnärzten oft nur, die Zähne zu ziehen, da diese bereits zerstört sind. „Zudem gibt es kaum Aufklärung oder Vorsorge und dementsprechend auch wenig Wissen über tägliche Mundhygiene oder den Zusammenhang von Ernährung und Karies“, weiß der Oralchirurg aus Karlsruhe.

Im Jahr 2020 gab es in Kenia 1.344 registrierte Zahnärzte (im Vergleich zu rund 100.000 in Deutschland!), was einem Verhältnis von drei Zahnärzten pro 100.000 Einwohner entspricht. Dr. Hans-Joachim Schinkel, der Dentists for Africa vor 25 Jahren gegründet hat und die Situation der Mundgesundheit vor Ort seitdem verfolgt, beobachtet mit Sorge eine weitere Entwicklung: „Softgetränke wie Coca Cola, Fanta und Sprite halten seit vielen Jahren – vor allem in den ländlichen Gebieten – Einzug und werden massiv beworben, bei Aktionen sogar verschenkt und sind anschließend für wenig Geld zu erwerben.“

Umso wichtiger sind Prophylaxemaßnahmen, ein Schwerpunkt der Aktivität von Dentists for Africa in Westkenia. In Schulprogrammen werden seit vielen Jahren Schulen besucht, die Kinder über Mundhygiene sowie den Zusammenhang zwischen Ernährung und Zahngesundheit aufgeklärt und mit ihnen Putztechniken geübt. „Mittlerweile wissen die Kinder erstaunlich viel darüber, was gut und was schlecht ist“, staunte Dr. Christoph Niesel im Februar. „Wir trafen auf Kinder, die oftmals durch Spendenaktionen an eine Zahnbürste gekommen sind und gelernt haben, wie man Zähne putzt.“ Jedoch: „Oftmals besitzen sie als einzige in der Familie eine Zahnbürste und haben kein Geld für Zahnpasta.“

Darum greifen einige zur „kenianischen Art des Zähneputzens“ zurück. „Sie benutzen den Miswack-Stick“, weiß Dr. Christoph Niesel, der gemeinsam mit den Einsatzleistenden Lena Raab und Sophie Bone von den Mitarbeitern der Zahnstation „Nachhilfe“ in Sachen lokaler Zahnputztechnik erhielt. „Ein Zweig eines bestimmten Baums wird etwa 20 cm lang abgeschnitten. Dann wird an einem Ende solange gekaut, bis es so ausgefranst ist, dass es eine Bürste bildet. Anschließend werden damit die Zähne geputzt, abbrechende Holzstücke werden ausgespuckt. Bei dieser Technik wird – im Unterschied zu der Zahntechnik in Deutschland – sogar jeder Zahn einzeln gereinigt, was eigentlich noch viel effektiver ist.“ Auch diese Technik wird daher bei Prophylaxemaßnahmen erklärt.

Im Rahmen der Kooperation mit den Zahnstationen werden auch die Mitarbeiter der DfA-Zahnstationen regelmäßig zu Prophylaxethemen geschult. Erst Anfang März hat das DfA-Mitglied und die langjährige Aktive Monika Proß ein Seminar für zwölf kenianische Mitarbeiter in Nakuru gehalten.

Dentists for Africa entwickelt außerdem gemeinsam mit dem Krankenhaus in Asumbi ein Konzept zur Schulung der lokalen Gesundheitsarbeiter zu zahnmedizinischen Belangen, das von der Regierung zertifiziert werden soll. Auf diese Weise sollen Aufklärung betrieben, das Wissen zu diesen Themen nachhaltig verbessert und Patienten rechtzeitig an Zahnstationen verwiesen werden. Immer mit dem Ziel: Langfristig die Mundgesundheit der Menschen im Westen Kenias zu verbessern.

 

Bilder: Bone, Raab, Niesel, Oliech, Osanga, Schmitt-Langer